Oranienburger Generalanzeiger Wahlforum

Freundlicher Schlagabtausch der Bürgermeister-Kandidaten

Mühlenbecker Land (MOZ) Wer lenkt in den kommenden Jahren das Mühlenbecker Land, und wohin? Jedenfalls einer, der sich auskennt und mit den bevorstehenden Aufgaben vertraut ist. Filippo Smaldino (SPD) möchte Bürgermeister bleiben, Mario Müller (CDU) will es werden.

Ein „ruhiges und sanftes“ Wachstum auf 17 000 bis 19 000 Einwohner könne er sich vorstellen, sagt Mario Müller am Sonnabend beim Wahlforum dieser Zeitung. Dabei möchte Müller ein ländliches Flair bewahren. Filippo Smaldino sieht, vor allem in Bezug auf Schildow, einen künftig eher städtischen Charakter des Ortsteils voraus. „Die Heidekrautbahn kommt doch nicht, weil da ein paar kleine Dörfer angeschlossen werden sollen, sondern weil Menschen diese Infrastruktur für sich positiv sehen und hierherziehen wollen“, sagt er deutlich. Nach jahrelangen Verhandlungen sei das im Land Brandenburg wie in Berlin erkannt worden. „Wir sind ganz schnell bei 20 000 Einwohnern“, prophezeit Smaldino. Auch über diese Zahl hinaus werde die Gemeinde wachsen – die im Übrigen als Teil des  Naturparks Barnim eine Gemeinde im Grünen sei und bleibe. Derzeit leben etwa 15 300 Menschen im Mühlenbecker Land.

Dass der Bedarf an Infrastruktur wie Kita und Hort, Schulen und Sportplätzen groß sei, zeige sich an der Schildower Kita Heidekrautbahn. Kaum eröffnet, sei diese schon wieder zu klein. Die Kommune habe in den vergangenen Jahren etwa ein Viertel des Etats in Bildung und Jugend gesteckt, und das sei auch richtig so, erklärt Smaldino. Und es liege nicht an falschen Planungen, pflichtet Müller bei. Zuzug und Bedarfe wachsen, sagt er auch mit Blick auf die inzwischen siebenzügige Gesamtschule in Mühlenbeck, die die größte im Kreis ist. Die Jugendclubs sähe Smaldino gerne in kommunaler Trägerschaft, konnte sich damit aber nie durchsetzen. Müller steht zur freien Trägerschaft.

Es sind eher Nuancen und Details, die Amtsinhaber und He­rausforderer unterscheiden. Beide machen ihre Standpunkte lebhaft, sogar wie aus der Pistole geschossen, deutlich. Aber die zweistündige Runde bleibt immer sachlich. Mario Müllers Engagement für die Gemeindevertretung und die Feuerwehr seien sehr wichtig für die Gemeinde, sagt Smaldino auf die Frage, was er an Müller schätze. Der wiederum findet, dass Smaldino im Bereich Marketing für die Gemeinde einiges geleistet und den „Mühlenspiegel“ gut etabliert habe.

Takt beim ÖPNV verbessern

Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) rechne sich nicht, sind beide gleichermaßen überzeugt. Trotzdem müsse er verbessert werden. Den Berliner Vorschlag eines 365-Euro-Jahresstickets kann sich Mario Müller für den Landkreis vorstellen, ebenso eine Erweiterung des ABC-Bereichs. Kostenlosen ÖPNV hält er für nicht finanzierbar. Der Nachtrufbus, der im Mühlenbecker Land einmal existierte und aus dem kommunalen Etat mit bezahlt wurde, sei von der Gemeinde und von der OVG nicht genug beworben worden. Smaldino würde statt des 365-Euro-Tickets eher den Schülerverkehr kostenlos gestalten, wie es in Berlin und Barnim der Fall sei. Jugendliche aus dem Mühlenbecker Land, die in Wandlitz zur Schule gehen, müssten trotzdem zahlen. Das sei kaum zu vermitteln.

Smaldino betont, wie wichtig Arbeitsgemeinschaften und Bürgerinitiativen seien, um öffentlichen Druck zu machen. Das sei für die Verwaltung eine Unterstützung, sagte er mit Blick auf die Zehnrutenwegbrücke, die Kita-Gebühren sowie die Lärmschutzforderungen, die die Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) für die Heidekrautbahn gewährleisten soll. „Wir brauchen den Lärmschutz und würden dafür auch selber was zahlen.“ Mario Müller ist das Pfeifen der Züge an unbeschrankten Bahnübergängen aufgefallen. „Die Schranken sind nur 50 Sekunden zu, das ist erträglich. Aber das Pfeifen ist verbesserungswürdig.“

Am Bahnhof Mühlenbeck wäre noch Platz für Wohngebäude. Wie hoch sollte denn gebaut werden, will Klaus Brietzke (CDU) aus dem Publikum wissen. Nicht mehr als zweistöckig, schlägt Müller vor. Smaldino meint, es hänge vor allem vom Fingerspitzengefühl der Gemeindevertreter ab, will aber auch keine „Trumptower“.

Dennis HentschelHentschel

Der Radweg nach Wensickendorf könnte schon mit dem Geld gebaut werden, das der „Mühlenspiegel“ in anderthalb Jahren koste, schlägt Harald Ziekursch (CDU) eine Reduzierung vor. Die wäre aber mit Smaldino nicht zu machen. „Unser Mühlenspiegel ist Vorreiter für andere Gemeinden“, sagt er. Gerade über ihn sei Transparenz zu erreichen. Senioren, die sich über das Blatt informieren würden, empfänden das als Teilhabe an der Gemeinschaft.

Klimaschutz ohne Notstand

Smaldino möchte einen Klimaschutzmanager etablieren, Müller hält den Begriff „Notstand“, wie er schon von einigen Kommunen formuliert wird, für überzogen. Das Ende der Ausbringung von Glyphosat auf den Feldern ab 2023 begrüßen beide. Ein Verbot auf kommunalen Flächen gibt es bereits. Er dringe darauf, dass sich die NEB auch auf ihren Bahnflächen daran halte und statt der Chemikalien Heißdampf an der Strecke einsetze, so Smaldino.

Beide Kandidaten haben Parteifreunde und Befürworter im Publikum, und so fällt die nicht repräsentative kleine Probeabstimmung am Ende wohl mehr zufällig knapp zugunsten von Müller aus. Doppelspitzen sind in der Politik gerade groß in Mode – bei der Wahl der Verwaltungsspitze im Rathaus des Mühlenbecker Landes wird es aber sicherlich keine geben. Deshalb haben die Einwohner des Mühlenbecker Landes am 1. September eine durchaus schwierige Entscheidung zu treffen.

Von Heike Weißapfel

Quelle: https://www.moz.de/landkreise/oberhavel/oranienburg/oranienburg-artikel/dg/0/1/1748842/

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